Freitag, 4. November 2016

Zurück zum Anfang

Es fühlt sich immer noch alles so seltsam an!
Vor 2 Wochen sind wir wieder in einen komplett anderen, neuen, teilweise irritierenden und doch vertrauten Kulturkreis eingetaucht. Wir haben uns in Bishkek in einen Flieger gesetzt und sind in ca. 10 Stunden mit Stopp in Istanbul nach München geflogen. Es ist schon komisch, innerhalb so kurzer Zeit wieder an den Ausgangspunkt der Reise zurück zu kehren und die vertrauten Wände unseres Jonnys zurückzulassen. 

Es hat etwas gedauert, aber mittlerweile sind wir angekommen. Vor ein paar Tagen waren wir in der Münchner Fußgängerzone unterwegs und trafen dort auf eine Gruppe mongolischer Straßenmusiker. Pferdekopfgeige und Obertongesang. Vor 4 Monaten waren wir noch dort. Die Musik hat uns eingefangen und in die Berge des Khangai-Gebirges zurück versetzt, wo Pferde, Yaks, Ziegen und Schafe in Herden an einem vorbei ziehen und uns daran erinnert, wieviel wir in den vergangenen 7 Monaten erleben durften.

Khukh Mongol
Wir haben lange überlegt, ob die Entscheidung, unsere Reise für ca. 3-4 Monate zu unterbrechen, richtig ist. Der Plan war ein anderer. Iris tat sich anfänglich um einiges schwerer als Hilmar diese Entscheidung zu akzeptieren. Aber ihr tat der Rücken ja nicht weh! Vor unserer Abfahrt im Frühjahr hatte Hilmar sich ziemlich verhoben. Seine Beweglichkeit war vor allem zu Beginn der Reise stark eingeschränkt. Trotz der negativen Prognosen verschiedener Ärzte, machten wir uns damals auf den Weg. Mittlerweile ist vieles wieder gut, aber eben nicht optimal. Daher hat Hilmar sich dazu entschlossen, diesen Winter etwas für seine Gesundheit zu tun. Langfristig sicherlich eine vernünftige Entscheidung, kurzfristig hat sie uns allerdings in diverse Gefühlsbäder gestürzt. Andererseits haben wir nun Gelegenheit, all das Erlebte zu verdauen und uns gezielt auf die neuen Räume, die es nächstes Jahr zu erobern gilt, vorzubereiten.

Am 19. Oktober kamen wir hier in München an und sind erst einmal bei Iris Eltern abgetaucht. Bis dahin verbrachten wir geruhsame Tage in Kasachstan. Bei unserem zweiten Besuch in Samarkand hatten wir uns eine Erkältung eingefangen, die es erst einmal auszukurieren galt. Wir verbrachten mehrere Tage in Shymkent und fanden auch unterwegs reizvolle Plätze, die zum Bleiben einluden. In Almaty, das fast auf dem Weg liegt, haben wir unserem Jonny in der uns bereits vertrauten Reifenwerkstatt zwei neue Reifen spendiert, bevor es nach Kyrgystan ging. Auf dem Weg nach Almaty wurden wir zum ersten Mal auf dieser Reise wegen einem vermeintlichen Verkehrsvergehen von der Polizei gestoppt. Rechts ranfahren, Aussteigen, Papiere mitnehmen. Hilmar wurde gebeten auf dem Beifahrersitz des Polizeiwagens, der bereits mit 3 Mann besetzt war, Platz zu nehmen. Das Photo, das ihm auf dem Labtop gezeigt wurde, war ziemlich eindeutig. Unser Jonny wurde geblitzt, wie er mit 66 Stundenkilometern unterwegs war. Anscheinend gab es kurz vorher irgendwo ein Schild mit einer 50er Beschränkung. Bisher haben wir sehr genau aufgepasst, dieses Schild hatten wir wohl übersehen. Da auch andere Verkehrsteilnehmer nicht ungeschoren davon kamen, zweifelten wir nicht an der Korrektheit der Maßnahme. Jetzt ging es nur noch um den Preis. Die Herren gingen mit 300$ an den Start, Hilmar hielt mit 30$ dagegen. Bei 50$ wurde der Deal schließlich per Handschlag besiegelt. Wir wissen nicht, was ein kasachischer LKW-Fahrer zahlen muss, wenn er geblitzt wird. Wir wissen nur – als Touristen zahlen wir definitiv immer mehr. Soll man sich darüber ärgern? Oder riskieren, stundenlang auf einer Wache zu sitzen, sofern man sich weigert zu zahlen? Wir entschieden uns für den einfachen Weg.



Kasachstan
Der Grenzübertritt bei Bishkek ein paar Tage später verlief wieder einmal völlig problemlos. In einer knappen Stunde waren wir durch und erfreuten uns an den sonntäglich leeren Straßen der Stadt. Der Parkplatz im Hof des Tundukhostels, wo wir unser Auto winterfest machen wollten, war noch für ein paar Tage belegt. Da wir bis zum Abflugtag ausreichend Zeit hatten, drehten wir spontan eine kleine Runde durch das Hinterland von Bishkek. Am Turm von Burana sind wir bisher immer vorbei gefahren. Der Turm, der früher als Minarett diente und aus dem 11. Jahrhundert stammt, ist eine der wenigen baulichen Sehenswürdigkeiten Kyrgystans. Von der ursprünglichen Höhe von 45 m sind nur 24 m übrig. Einsam steht der Turm als Teil eines kleinen Museums in der Ebene des Chuytals - sofern nicht gerade aus einem uns nicht bekannten Anlass Bautrupps Tribünen, Dixieklos und Rednerpult aufgebaut hätten. Den Aufstieg auf den Turm, von dessen oberer Plattform aus man einen wunderbaren Blick ins umliegende Tal hat, haben wir uns verkniffen. Die innenliegende, steile Wendeltreppe ist stock dunkel und bei unserem Besuch mussten wir konstant mit Gegenverkehr rechnen. Die Aussicht auf dem unweit davon gelegenen Hügel war nicht minder schön. 


Wir verbrachten die Nacht auf dem Parkplatz vor dem Museumsgelände und machten uns am nächsten Morgen, geweckt von mehreren Bussen, deren Insassen alle  einen Blick auf den Turm werfen wollten, über kleine Landstraßen auf den Weg zu den heißen Quellen von Issyk Ata. 


Iris hatte zufällig in einem Prospekt davon gelesen. Die gut ausgebaute Straße endete auf ca. 1800 m ü.M. auf dem Parkplatz eines Sanatoriums, das schon bessere Tage gesehen hatte. Wie bei vielen öffentlichen Bauten in den ehemaligen Sowjetrepubliken bröckelt auch hier der Putz. Die Brunnen und Wasserspiele sind vermoost und liegen trocken, Risse klaffen im Mauerwerk und Gras wächst zwischen den Wegplatten im Park. Aber es ist Betrieb und das Sanatorium immer noch eine gute Adresse in Kyrgystan. 

Issyk Ata
Das verlockende sind allerdings die heißen Quellen. Ungleich unserer ersten Erfahrung in Kyrgystan, den Quellen von Altyn Araschan in der Nähe von Karakol, haben wir keine kleine Badekabine für uns. Es soll einen großzügigen Pool geben, der sich aber nicht leicht finden ließ. Oben am Hang mit wunderbarem Blick ins Tal, haben wir schließlich das kleine Schwimmbad entdeckt. Eine bröckelige Steintreppe bzw. mehrere Trampelpfade wiesen uns den Weg. Im Bad selbst genossen wir das knallheiße Schwefelwasser und bestaunten die Bademode der anderen Gäste. Hätten wir geahnt, dass wir 4 Tage später in Bishkek bereits den ersten Schnee vom Auto kehren würden, hätten wir das Sonnenbad am Poolrand wohl noch intensiver genossen.

Morgens wurden wir vom Gesang des Muezzin geweckt. Die 80 km nach Bishkek legten wir sehr schweigsam zurück. Seit zweieinhalb Jahren leben wir in unserem Jonny, seit über 10 Jahren ist er immer in unserer Nähe und nun sollten wir ihn einfach in Bishkek zurücklassen und für mehrere Monate nach Deutschland fliegen?
Die vorausgegangenen Tage hatten wir uns Zeit genommen und den bisherigen Reiseverlauf Revue passieren lassen.
Was waren die Highlights? 
Was war uns im Gedächtnis geblieben?

Auf dem Rückweg nach Bishkek

Seit Anfang April haben wir uns beständig durch ehemals sowjetisches Gebiet bewegt und einen Eindruck davon erhalten, wie sich die einzelnen Staaten in den vergangenen 25 Jahren der Unabhängigkeit entwickelt haben. Die Mongolei hat sich tief in unser Herz gegraben, Russland mit seiner Offenheit Touristen gegenüber positiv überrascht und die zentralasiatischen Republiken uns jeden Tag aufs Neue staunen lassen. Unser Jonny hat, trotz der teilweise katastrophalen Straßen- und Pistenverhältnisse, außer ein paar Steinschlägen an der Windschutzscheibe und der einen Reifenpanne in Almaty, keine nennenswerten Schäden davon getragen. Die Menschen, die wir trafen, begegneten uns nahezu ausnahmslos positiv und gesundheitlich haben wir mit Wasser, Essen und Hygiene nie ein Problem gehabt. Was will man mehr? Wir können nur hoffen, dass wir im nächsten Jahr ebensolche positiven Erfahrungen machen werden.

In Bishkek angekommen, fanden wir unseren Hostel-Parkplatz wie abgesprochen leer vor und machten uns zügig an die Arbeit. Wäsche waschen, Wassertanks leeren, Gepäck zusammen suchen. Unserer Art entsprechend nutzten wir die Gelegenheit für einen vorgezogenen Frühjahrsputz. Alles ist sauber und Empfindliches frostsicher verpackt. Noch war es warm und sonnig, alles lief wie am Schnürchen. Kurz vor dem Abflug schlug schließlich das Wetter um und wir mussten den ersten Schnee vom Dach unseres Autos kehren.
Wir schauten noch kurz beim Hauptzollamt vorbei um sicher zu sein, dass wir unseren Jonny im nächsten Jahr auch problemlos wieder ausführen dürfen und keine Fristen versäumen. Kyrgystan ist seit kurzem Mitglied der 2014 initiierten Eurasischen Witschafts- und Zollunion. Kasachstan, Russland und Weißrussland waren die Gründerstaaten. Nach den derzeitigen Gesetzen darf ein ausländisches Fahrzeug bis zu einem Jahr innerhalb der Union verbleiben. Das russische Einfuhrdokument, das wir Mitte Juli bei Einreise aus der Mongolei kommend, erhalten haben, gibt uns genug Spielraum. Zukünftig könnte es für andere Reisende etwas enger werden, da die Mongolei auf der Liste der Anwärterstaaten steht.

Unseren Jonny wissen wir von Privatleuten unweit des Hostels gut behütet und denken, dass er dort über den Winter gut aufgehoben ist. Die Zeit zuhause wird uns nicht lang werden. Wir haben uns einiges vorgenommen, Familie und Freunde freuen sich über die unerwartete Reisepause. Die Zeit bis zum Rückflug im Februar wird wie im Flug vergehen!


Jonny in Bishkek

Samstag, 1. Oktober 2016

Usbekistan



Usbekistan liegt hinter uns. Eine in vielerlei Hinsicht eindrückliche Erfahrung. Vor allem aber – eine gänzliche andere Erfahrung. Haben bisher Naturerlebnisse und schöne Landschaften unsere Reise geprägt, standen jetzt Kultur und Stadtleben im Fokus. Es hatte tagsüber noch schwüle ca. 30 Grad, nachts kühlt es zu unserem Glück bereits stark ab. Abends bestand eine der Herausforderungen darin, unseren Jonny kühl zu kriegen und dabei keine Mücke rein zu lassen - was uns leider nicht immer gelang. Die Bewässerungskultur, die in diesem Wüstenland erst den intensiven Anbau von Feldfrüchten, Mais und Baumwolle ermöglicht, hat da so ihre abends um die Ohren summenden Begleiterscheinungen. 


Es ist Erntezeit und die Luft staubdurchsetzt. In den allgegenwärtigen Baumwollfeldern sieht man viele Menschen beim Pflücken der weißen Büschel. Baumwollernte ist zum großen Teil Handarbeit, bei der im September und Oktober jeder Usbeke helfen muss. Studenten werden für mehrere Wochen zum Pflücken abkommandiert, jeder muss sein Soll erfüllen. In Usbekistan ist vieles anders als in den bisher durchreisten Ländern. 

Als erstes sind uns die vielen, kleinen, weißen, gasbetriebenen Damas-Minibusse aufgefallen, die innerorts und zwischen den Orten den Nahverkehr aufrechthalten. Fast alle anderen PKWs sind ebenfalls weiß und gasbetrieben.

Daher ist das klassische Tankstellenangebot und frei verfügbarer Diesel extrem begrenzt. Usbekistan setzt auf Gas. Gigantische Metan- und Propantankplätze sprießen allerorts wie Pilze aus dem Boden. Dies wissend, haben wir natürlich vor Einreise unsere Tanks und Kanister randvoll mit dem kostbaren Diesel gefüllt. Geld hatten wir ja bereits bei Einreise getauscht. Erfreut nahmen wir zur Kenntnis, dass vor Kurzem 5000 Sum Scheine eingeführt wurden. Bisher waren 1000er Scheine die höchste verfügbare Währungsgröße. Der Stapel, den man beim Tausch von 100 Dollar in lokale Währung bekommt, ist jetzt demnach nur noch 1,5 cm statt 8 cm hoch und passt noch in die Handtasche. An den Bazaren sieht man neben einem in dieser Jahreszeit sehr üppigen Angebot von Obst und Gemüse, oft Herren mit Plastiktüten voller Geld, die ziemlich freimütig ihre Scheine zählen, bündeln und zu gutem Kurs gegen harte Währung tauschen, was eigentlich verboten ist. Klassische Bankautomaten, mit denen man sich mittlerweile selbst in der hintersten Mongolei mit Bargeld versorgen kann, gibt es nicht. Auch wir hatten ausreichend Dollar dabei, die wir in Umlauf bringen konnten.

Bazar in Andijan
Brot ist rund in Usbekistan
Getrocknete Früchte
Frische Feigen finden ihren neuen Besitzer
Wieviel Kilo Zwiebel dürfen es den sein?

Unsere Route führte uns zuerst über Andijan, Fergana und Kokand durchs Ferganatal, anschließend über den Kamchick-Pass mit seinen ca. 2300 m ü.M. direkt nach Samarkand, die wohl legenderste Stadt der ehemaligen Seidenstraße. Im Ferganatal erlebten wir unverfälschtes, usbekisches Leben, eine Herzlichkeit und Gastfreundschaft, die uns noch lange im Gedächtnis bleiben wird. Wir fanden leicht Hotels mit einem Parkplatz und einem Einfahrtstor, das groß genug für unseren Jonny war, die uns für die Nacht einen Registrierungsnachweis ausstellten. Die Besiedelung im Tal ist so dicht, dass wir wohl schwer anderweitig ruhige Stellplätze gefunden hätten.


In Andijan steuerten wir das Hotel Bogi Ishamol an und fragten höflich nach, ob wir denn im Hof übernachten dürften. Der junge Rezeptionist antwortete in einem ausgezeichneten Deutsch, das er an der örtlichen Sprachenhochschule gelernt hatte. Er regelte alles mit dem anwesenden Direktor und gegen Zahlung einer für uns akzeptablen Parkgebühr konnten wir in den Hof einfahren. „Grenztage“ sind immer aufregende Tage und wir waren froh, für die erste Nacht schnell einen sicheren Hafen für uns und unseren Jonny gefunden zu haben. Auf den 50 km zwischen Grenze und Andijan wurden unsere Pässe 3x registriert und unsere Daten fein säuberlich per Hand in Bücher eingetragen. Im Nachhinein haben wir erfahren, dass wir am ersten Tag des in der islamischen Welt wichtigen Opferfestes eingereist waren – mit ein Grund für die genauen Kontrollen. Im Rest des Landes wurden wir in den folgenden Tagen meist durchgewunken.
 
Die Feiertagsstimmung hatte uns spätestens ab dem Moment, an dem Hilmar bei einer der Kontrollen von einem Polizisten eine Wassermelone geschenkt bekam (der Beamte hatte diese vorher extra für uns bei einem Melonenlaster konfisziert), ebenfalls erfasst. Abends schlenderten wir mit den Andijanern durch den dem Hotel gegenübrliegenden Vergnügungspark, der in keiner usbekischen Stadt fehlen darf. Vor Schiffschaukeln, Riesenrad und Kinderkarussel, mit denen man bei uns niemand mehr hinterm Ofen hervorlocken würde, bildeten sich lange Schlangen. Später ergatterten wir auf der Terrasse des hoteleigenen Cafes einen Sitzplatz und beendeten den ereignisreichen Tag stilvoll mit einer großen Portion Eis.

Riesenrad fahren ist schön :-)
Viele Touristen verschlägt es wohl nicht hierher. Am nächsten Tag bekamen wir auf dem Markt Gebäck, Brot und Früchte geschenkt – einfach nur, weil wir da waren. Wir haben noch Fergana und Kokand besucht, dabei viel über Seidenproduktion gelernt und städtisches Leben inhaliert.



Khanpalast in Kokand
Beim Verlassen des Ferganatals musste nochmals eine Polizeikontrolle (mit Registrierungsnachweiskontrolle) passiert werden. Leider hatten wir uns dafür mal wieder einen Tag ausgesucht, an dem klassischer Weise auch viele Einheimische unterwegs sind. Dementsprechend groß war das Gedränge vor der Abfertigung.

 
Von unserer Rechtsaußenposition rutschten wir schnell ins Mittelfeld ab, jeder wollte der erste sein und rechts von uns bauten sich immer neue „Fahrspuren“ auf. Erst nachdem Iris, ziemlich deutlich sauer, den rechts von uns fahrenden Autofahrer, dessen Außenspiegel wir im Vorbeifahren touchierten, anraunzte, dass er ja wohl selber schuld sei, hielt man Abstand und manch ein Autofahrer unterstützte in der nächsten Stunde unser Vorwärtskommen in dem Chaos. Mit Jonny ist eben nicht zu spaßen.

In Samarkand trafen wir auf dem Parkplatz hinter dem berühmten Registan auf Verena und Wolfgang (www.gritschontour.com), die nach 5 Reisejahren auf dem Weg in die Heimat waren. Sie genossen bereits seit ein paar Tagen den Blick auf die Kuppeln und Türme der Medresen, die den großen Platz umgeben, und hatten die Stadt bereits erkundet. Wir genossen einen entspannten gemeinsamen Abend und tauschten Erfahrungen auf.

Parken hinterm Registan
Unsere Eindrücke von Samarkand, wo wir 4 Nächte blieben, sind schwer in Worte zu fassen. Usbekistan ist ein Staat, der sich derzeit einen modernen Anstrich verpasst. Die Baudenkmäler sind wunderbar restauriert und für den Tourismus hergerichtet, wobei auch sehr viel Einheimische zu den Besuchern zählen. Am Eindrücklichsten erlebten wir wohl die Besichtigung der Shohizinda, der „Straße der Mausoleen“. Hier ließ sich noch ein Wenig von der Atmosphäre, die man beim Besuch der Städte des alten Orients erwartet, erahnen. 


Shohizinda
Mausoleum Shirinbeka Oqa
Ausblick auf die Gasse
Der Registan mit seinen ihn umrahmenden Medresen ist nach wie vor wunderbar anzusehen. Jeden Abend flanieren mindestens drei Brautpaare vor dem Platz auf und ab und lassen sich fürs Hochzeitsvideo ablichten. Gefeiert wurde abendlich in einem der nahen Banquettsäle, deren einziger Zweck das Abhalten von Hochzeiten ist. Die Musik klang stets in großzügiger Lautstärke bis zu unserem Standplatz herüber. Punkt 10 Uhr wurde der Musikhahn zugedreht bzw. die Fenster geschlossen, so dass wir ungestört schlafen konnten. Das Betreten des Platzes kostet Eintritt, Besuch der Medresen inklusive.










Die Ernüchterung ist groß, wenn das Auge beim Betreten der Innenhöfe nicht auf die Architektur, sondern zuerst auf Tücher, bestickte Decken und andere Souvenirs fällt, die reihum in den ehemaligen Studierzellen zum Kauf angeboten werden. Die im Reiseführer beschriebene Einkaufsmeile der Samarkander, in der das Leben boomt und Haushaltswarenläden und Kleiderläden alles bieten, was man zum Leben braucht, ist eine, mit neuen Gebäuden und grünen, gut gewässerten Grasinseln gesäumte, „Straße der Souveniers“ geworden, in der sich neue, gut gefüllte, aber kaum besuchte Läden mit exklusivem Touch aneinanderreihen. Erst auf den zweiten Blick entdeckt man die ursprünglichen Wohnviertel, die wie Inseln hinter Mauern liegen und zum Spaziergang einladen. Besonders sprachlos machte uns die Stadtkernerneuerung in Shahrisabz, 80 km südlich von Samarkand. Der wunderbare, neu angelegte Park erstreckt sich dort über 2 km und verbindet die Palastruine Timurs im Norden mit der Moschee im Süden des alten Stadtkerns. Von den Teehäusern, dem quirligen Bazar und innerstädtischen Leben war weit und breit nichts zu sehen. Neben den Gärtnern und Unkrautzupfern traf Iris bei ihrem Spaziergang durch den Park nur eine Gruppe älterer Männer an, die alle in Richtung Park blickend, vor einem neuen, leeren und geschlossenen Teehaus saßen. Ein ungewöhnlicher Anblick.
 
Die "neue Mitte" in Shahrisabz
Wir sind gespannt, welchen Eindruck nächstes Jahr Buchara und Khiva auf uns machen werden. Dieses Jahr beließen wir es bei den zwei gesehenen Städten und machten uns, nicht ohne vorher noch ein bisschen die Bergwelt von Usbekistan bei Langar südlich von Shahrisabz erkundet zu haben, auf den Rückweg nach Taschkent.

 
Zwischen Samarkand und Shahrisabz - Blick nach Süden
Vor der Ausreise erholten wir uns bei kühleren Temperaturen noch 2 Tage am nördlich von Taschkent gelegenen Speichersee, wo wir unkonventionell und umsonst an einem Hotel parken durften, Poolnutzung und Duschen inklusive!

 
Speichersee bei Chimgan
Wir ließen uns von unserer ReiseKnowHow Karte verführen und glaubten zu wissen, wo es nach Kasachstan geht. Ein deutliches Grenzübergangssymbol auf dick eingezeichneter Autobahn suggerierte uns – hier ist der Ausgang. Leider war von den beiden, bei Taschkent liegenden Grenzübergängen keiner für uns nutzbar. Selbstfahrer müssen nach Yalama. Aus den ursprünglich vermuteten 70 km von Standort See zur Grenze wurde eine Tagesfahrt mit knapp 200 km, Stadtumfahrung mit dazugehörigem Megastau und Suche nach dem richtigen Mauseloch inklusive. Wir mussten wieder ein gutes Stück Richtung Samarkand fahren, um bei Yalama den richtigen Ausgang zu erwischen. Abends um 5 Uhr waren wir da. An den unzähligen LKWs fuhren wir souverän vorbei und waren schneller hinter der ersten Schranke, als gedacht. Eigentlich wollten wir vor der Grenze noch eine Pause machen, aber die viel aus. Die usbekische Ausreise war in 10 Minuten erledigt. Keine Bargeldkontrolle, kein Kameracheck, kein Innenraumcheck. Schneller geht es kaum, aber ab jetzt war Geduld angesagt. Vor der kasachischen Grenze standen wir dekorativ eingerahmt von Tiefkühllastern und Riesen-LKWs mit Hänger vor dem Tor, das über eine sehr lange Zeit keine Fahrzeuge einließ. 8 Stunden standen wir in der Schlange und rutschten ab und an eine Fahrzeuglänge auf. Um den Anschluss nicht zu verpassen, döste Hilmar im Fahrersitz und wir nahmen es gelassen hin. Es war Nacht und damit um einiges kühler. Bei Tag hätten wir diese Warteprozedur nicht erleben wollen. Gegen ein Uhr erreichten wir das Tor zur kasachischen Grenze und durften schon mal vorab aufs Grenzgelände, um unseren Einreisestempel zu holen. Leicht übernächtigt wie wir waren, vergaßen wir nicht nur Brille und Schreibzeug im Auto, sondern auch unsere Immigrationskarte auszufüllen. Ein einsamer, ebenfalls übernächtigter Beamter half uns missmutig auf die Sprünge und drückte uns schließlich den Stempel in den Pass. Für die Fahrzeugkontrolle fühlte sich keiner zuständig. Wir fragten nochmal höflich nach und fuhren unbehelligt um 2:20 morgens in den Hof der Autoversicherungsagentur ein. Der Junge von der Versicherung hatte zumindest vorher geschlafen. Wir konnten unser usbekisches Geld loswerden und zahlten 310.000 Sum für 15 Tage Versicherung. Noch einmal Passkontrolle, letztes Ausfahrtstor auf, 500 m fahren, Straßenrand, parken, schlafen!
 
morgentliche Abfahrtskontrolle in Kasachstan

Mittlerweile sind wir in Shymkent, Kasachstan, angekommen und kurieren registrierungsfrei auf dem Parkplatz der örtlichen Tennisanlage die Erkältung aus, die wir uns in Samarkand eingefangen haben. Spätestens in 14 Tagen wollen wir in Bishkek sein um dort unseren Jonny winterfest zu machen, bevor es am 19. Oktober für ein paar Wochen per Flieger zurück nach Deutschland geht.